30.07.2020
Im Motorworld V8 Hotel in Köln ist auch für das Fahrzeug des Gastes ein „Zimmer“ reserviert: Die Suiten verfügen dank der raumhohen Innenverglasung über eine Sichtverbindung in die angrenzende im Stil des Hotel-Designs gestaltete Einzelgarage. Fotos: HG Esch Photography
Das neue V8-Hotel der Motorworld Köln präsentiert sich wie ein Monolith auf dem historischen Flughafengeländes Butzweilerhof in Köln. Der Neubau war Teil der denkmalgerechten Neugestaltung des Architekturensembles aus den 1940er Jahren. Dazu fasste das Architektur- und Ingenierbüro CIP die Bestandsbauten aus Hangar, Empfangs- und Abfertigungshalle sowie Betriebshof zu einem erlebbaren Gebäudekontinuum zusammen. Die blickdichte, vollumschließende Streckmetallfassade verleiht dem Hotel-Neubau eine Dominanz, die ihn in Konkurrenz zu den übrigen Bestandsbauten stellt.
Der Eindruck, der Baukörper würde schweben, entsteht durch die Glasfuge, die das Bestandsgebäude mit dem Kubus verbindet. Die Erschließung der 110 Hotelzimmer erfolgt über ein Atrium, das unten mit einer Glasdecke und oben mit einem Glasdach abschließt. Im Erdgeschoss befinden sich Rezeption, Lobby, Frühstücksbar, ein Shop, das Restaurant „Abacco" und fünf „Car-Suiten".
Das Besondere der Suiten: Im Schlafbereich gibt eine raumhohe Innenverglasung den Blick auf die benachbarte, ebenfalls im Stil des Hotel-Designs gestaltete Einzelgarage frei. Großflächige, über alle Geschosse reichende Darstellungen nächtlich befahrener Straßen stellen eine optische Verbindung zwischen der Erlebniswelt „Motorworld" und den Themenzimmern des Hotels her.
Dem Gast erschließen sich die Darstellungen in ihrem vollen Umfang erst beim Verlassen des Zimmers mit dem Blick zur gegenüberliegenden Galerie, die zum als Eventlocation neu gestalteten Hangar führt. In den Zimmer fallen die weichen, geschwungenen Formen der Einrichtung auf. Vorbild waren die Kotflügel von Oldtimern.
Der Blick an die Decke zeigt die Explosionsgrafik eines V8-Motors und Reproduktionen originaler Konstruktionszeichnungen von Oldtimern. Auch die Wahl der eingesetzten Materialien ist autoaffin: Für den Boden im Erdgeschoss entschieden sich die Architekten für einen extrem hart befahrbaren Belag, der ursprünglich für Parkhäuser entwickelt wurde.
Den Auftakt in die Motorworld bildet der die Gebäudeachse abschließende Hangar mit angegliedertem Tower, denn hier finden sich ein großes Oldtimer-Zentrum und die größte Ausstellung mit Original-Exponaten von Michael Schumacher. Die stählernen Schiebetore sind nach dem Krieg durch Rolltore ersetzt worden. Da sie somit nicht Bestandteil des Originalzustands des Gebäudes waren, konnten sie bei der Umbaumaßnahme in Abstimmung mit dem Denkmalamt entfernt werden.
Die Architekten ersetzten die Fassade durch eine filigrane Glasfassade, deren Gliederung nach dem Vorbild der Fassadenteilung durch die nicht mehr vorhandenen originalen Tore erfolgte. An der neuen Fassade nimmt der Baukörper nun auf drei Etagen gläserne Einstellboxen auf, in denen wertvolle Sammlerfahrzeuge aufbewahrt und ausgestellt werden können.
Durch moderne eingeschossige Bauteile mit unter raumgreifenden schwarzen Stahldächern zurückgesetzten Glasfassaden ergänzen die Architekten die dominante strenge Architektur der klassischen Moderne und geben den vier verschiedenen Gebäuden nun einen Zusammenhalt. Die flachen monolithischen Dächer schieben sich unter die Regenrinnen der Bestandsbauten und unterstützen damit deren Primärfunktion und Mächtigkeit innerhalb der architektonischen Hierarchie. Die neuen Bauteile kontrastieren die einfachen weiß verputzten Baukörper und die Basaltelemente, mit welchen deren Sockel ausgebildet sind.
Dieser zweite Hangar, dessen Innenraum beim Umbau mit all seiner Patina der letzten 80 Jahre, mit seinen Backsteinwänden und dem Stahltragwerk komplett im Originalzustand erhalten blieb, wird als Eventfläche für eine Maximalbelegung mit 4.000 Personen genutzt. Hier hat die Moderne einzig in Form modernster Technik Einzug gehalten.
Durch die Bestandswände geschobene, abschließend mit Glasscheiben versehene stählerne Kuben trennen im ersten Obergeschoss einen Vip-Bereich von der Halle ab und schaffen gleichzeitig Transparenz.
Eine neu errichtete zweite Ebene, die an drei Seiten als Galerie ausgebildet wurde und sich von der rückwärtigen Fassade zentral in den Hangar schiebt, schafft Raum für die Ausbildung gläserner Werkstätten im Erdgeschoss.
Der um 90° versetzt stehende Hangar wurde in vergleichbarer Intervention ebenfalls mit einer filigranen Glasfassade versehen. Hier waren die originären Stahlschiebetore, mit denen sich der Hangar komplett zu einer lichten Weite von 57,5 Metern hatte öffnen lassen, noch vorhanden.
Dazu waren die Tore in die dafür vorgesehenen Parktaschen an den Gebäudeseiten verschoben worden. Diese Vorrichtung machten sich CIP Architekten beim Umbau der Gebäudestirn zunutze, indem sie den Toren Permanent-Parkplätze zuwiesen. Damit konnte ein wesentliches Element der Gebäudetypologie erhalten werden.
Zur Historie:
Am Butzweilerhof in Köln drehte sich fast ein Jahrhundert lang alles um die zivile oder militärische Luftfahrt. 1911/12 war der ehemalige Bauernhof Butzweiler zunächst als Fliegerstation angelegt. Schon der Offizier und Jagdflieger Manfred Freiherr von Richthofen, bekannt als „Roter Baron", begann hier 1915 seine Fliegerkarriere. Dieser erste zivile Kölner Flughafen entwickelte sich in den kommenden Jahren schnell zum „Luftkreuz des Westens".
In den 1920er und 1930er Jahren rangierte das Gelände in seiner Bedeutung als Luftverkehrsknotenpunkt für Deutschland bereits an zweiter Stelle hinter Berlin-Tempelhof. Die berühmten Zeppeline der Friedrichshafener Luftschiffbau Zeppelin GmbH und auch die ersten Linienflugzeuge, die Berlin, Köln und Paris verbanden, hatten dort ihren Start- und Landeplatz. Nach Gründung der Deutschen Lufthansa 1926 nahm die rasante Entwicklung des Flughafens ihren Lauf.
Um den Komfort des zivilen Luftverkehr zu verbessern, planten verschiedene Architekten 1935/36 ein Gebäude-Ensemble, das aus einem langgestreckten zweigeschossigen Hauptgebäude mit Empfangs- und Abfertigungshalle, einem eingeschossigen U-förmigen Betriebshof, zwei nahezu baugleichen Hangars mit Flächen von 34,8 mal 68,4 Metern und kleineren Nebengebäuden bestand. Die beiden als Ziegelbauten errichteten Hangars, deren Hallen mit Stahlfachwerkkonstruktionen überspannt sind, stehen in einem 90°-Winkel zueinander.
Angegliedert an den an der Nordwestachse des Ensembles verorteten Hangar erhebt sich ein fünfgeschossiger Tower mit Glaskanzel im Dachgeschoss. Zusammen mit dem Rollfeld mit seiner 20 cm starken, nach dem Vorbild der Reichsautobahnen konstruierten Betondecke umfasst die Flughafenanlage 30.000 Quadratmeter Fläche.
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